Junges Wildtier gefunden
Im Frühjahr und Frühsommer finden viele Tierfreunde bei Spaziergängen oder im Garten vermeintlich verwaiste un d vermeintlich hilflose Jungvögel, Hasen, Wildkaninchen oder Rehkitze. Häufig werden die Tiere sofort mitgenommen, da man befürchtet, dass der Nachwuchs von den Elterntieren nicht mehr versorgt wird. Dabei ist gerade bei jungen Wildtieren die geduldige Zurückhaltung des Tierfreundes hilfreicher als ein vorschnelles "einsammeln", denn einen unverwehrten Jungtier wird durch ein Eingreifen in sein Leben mehr geschadet als geholfen. Die Handaufzucht von Wildtieren ist ausgesprochen schwierig und mit der eines Haustieres nicht vergleichbar. Auch können überlebenswichtige Verhaltensweisen, die Tiereltern ihrem Nachwuchs beibringen, außerhalb der freien Natur und ohne "tierischen Vorbilder" häufig gar nicht erlernt werden.
Bei Jungvögeln wird häufig angenommen sie seien aus dem Nest gefallen oder von den Eltern verlassen. Dies ist jedoch nur sehr selten der Fall. Der befiederte Jungvogel verlässt selbständig das Nest und sitzt dann allein auf dem Boden oder im Gebüsch. Dort steht er durch Bettelrufe -die sich für uns Menschen vielfach kläglich und "hilfeheischend" anhören- mit den Eltern in Verbindung. Er wird weiterhin von diesen gefüttert und zum Fliegen und zur selbständigen Futtersuche angeregt. Diese Phase ist für den kleinen Wildvogel von besonders großer Bedeutung und kein Mensch kann diese "Elternarbeit" ersetzten. Unverletzte Jungvögel, die Sie am Straßenrand finden, können Sie vorsichtig in ein nahegelegenes Gebüsch setzten. Die Tiere werden sich für die Eltern bemerkbar machen. Falls Sie Zweifel hegen, ob ein Jungvogel von den Eltern versorgt wird, verstecken Sie sich so weit entfernt wie möglich, verhalten sich ruhig und beobachten Sie den Jungvogel mindesten eine Stunde. Für den noch unbefiederten Vogel, der hilflos auf dem Boden liegt, ist der beste Ort das Nest der Eltern. Dort hat er die größten Überlebenschancen. Sie sollten deshalb die nähere Umgebung sorgfältig nach dem Vogelnest absuchen und den Jungvogel vorsichtig hineinsetzen, sofern er unverletzt ist.
Ein allein auf einem Feld sitzendes Feldhasenbaby oder Rehkitz, dessen Mutter nicht zu sehen ist, verleitet viele Spaziergänger dazu, das Jungtier anzufassen. Dies führt aufgrund des Fremdgeruches des Menschen unweigerlich zum Verstoßen des Jungtieres durch die Mutter und hat somit den sicheren Tod zur Folge. Um keine Fressfeinde auf den Nachwuchs aufmerksam zu machen, sucht die Feldhasenmutter ihren Nachwuchs, welcher in einer flachen Erdmulde sitzt, lediglich zweimal am Tag (also nur alle 12 Stunden) zum säugen auf und bleibt dabei nur etwa zwei bis drei Minuten bei ihm. Ansonsten verlässt sie sich auf den Schutz durch den nahezu komplett fehlenden Eigengeruch des Hasenkindes. Wollen ein Rehkitz und die Ricke zueinander finden, so verständigen sie sich häufig durch Laute, die ein übereifriger Tierfreund für "Verlassens Schreie" halten könnte.
Tierfreunde, die zum Schutz junger Wildtiere beitragen wollen, sollten sich an folgenden Verhaltensregeln halten: Auf Wald- und Feldwegen bleiben; Hunde an der Leine führen; Lärm vermeiden: Jungtiere nicht anfassen: bei im Garten am Boden sitzenden Jungvögeln Hund und Katze nicht unbeaufsichtigt laufen lassen. Vielleicht befindet sich in der Nähe eines jungen Wildtieres sogar ein Elterntier, welches nur darauf wartet, dass der Mensch endlich verschwindet.
(Mit freundlicher Genehmigung der Tierrettung Herford)